Heile deine Essstörung in 10 Schritten
Von Tanja, Psychologin für Essstörungen & Körperbild
Wie beurteilst du dein Ess- und Trainingsverhalten? Hast du das Gefühl alles “unter Kontrolle” zu haben? Oder ist dir bewusst, dass du vielleicht eine Essstörung hast, aber du denkst, es ist nicht so schlimm oder es ist dir im Grunde egal? Vielleicht möchtest du auch deine Essstörung wirklich heilen, aber du weißt nicht wie, und vielleicht hast du sogar Angst.
Hallo!
Ich heiße Tanja.
Ich bin Psychologin für Essstörungen, Körperhass und Selbstablehnung.
Ich bin auch eine Magersuchtsüberlebende.
Meine Mission ist es, dir zu helfen, deinen Kampf mit dem Essen und deinem Körper zu beenden und dich zu inspirieren, deinen wahren Wert zu entdecken. Weiterlesen…
Die Heilung einer Essstörung braucht Zeit. Sie hängt von der Schwere deiner Essstörung ab, davon, wie viele Rückfälle du während der Genesung hast und wie schnell du mit der Heilung beginnst. Normalerweise wird gesagt, dass die Genesung einer Essstörung zwischen 6 und 18 Monaten dauert. Allerdings ist jeder Mensch anders, deshalb ist es wichtig, dass du dich nicht hetzt oder dir die Schuld gibst, wenn du länger brauchst. Außerdem dauert die vollständige psychische Genesung oft länger, während die körperliche Heilung möglicherweise schneller erfolgt.
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du einen Rückfall verhinderst, lies meinen Artikel Wie kannst du einen Rückfall in die Essstörung vermeiden.
Die verschiedenen Heilungsphasen einer Essstörung zu kennen und zu wissen, was du in der jeweiligen Phase erwarten kannst, kann für deine eigene Genesung sehr hilfreich sein.
Im Folgenden werde ich dir die 10 Phasen der Essstörungsheilung vorstellen, die Carolyn Costing und Gwen Grabb in ihrem Buch “8 Keys to Recovery From an Eating Disorder” identifiziert haben. Zudem werde ich auch mit dir teilen, wie es sich für mich angefühlt hat durch jede einzelne Phase zu gehen.
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1. „Ich glaube nicht, dass ich ein Problem habe”
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Strategies for Recovery
Für eine gewisse Zeit denkst du, dass du kein Problem hast, und du glaubst, alles unter Kontrolle zu haben. Vielleicht fühlst du dich sogar fabelhaft und voller Energie. Sicher, manchmal fühlst du dich ziemlich elend und tief im Inneren weißt du, dass deine Essstörung eine große Rolle in deinem Leben spielt, aber im Großen und Ganzen hast du endlich Kontrolle über dein Leben. Alles ist also gut.
Ich habe diese erste Heilungsphase genau so erlebt. Auch wenn viele sich Sorgen um mich machten und versuchten, mit mir zu reden, sagte ich ihnen immer, sie sollten mich in Ruhe lassen. Denn ich war der Ansicht, dass dies mein eigener Körper ist und somit nicht die Angelegenheit anderer. Außerdem rechtfertigte ich mein geringes Gewicht immer damit, dass es um mich herum so viele andere Menschen gibt, die viel dünner sind als ich.
2. „Ich habe vielleicht ein Problem, aber es ist nicht so schlimm”
Vielleicht hast du festgestellt, dass nicht alles in Ordnung ist. Vielleicht spürst du sogar bereits einige körperliche Symptome deiner Essstörung; den rauen Hals, den Energiemangel, den Schwindel, die schnelle Gewichtszunahme oder -abnahme, die Magenschmerzen oder die Konzentrationsschwierigkeiten. Möglicherweise zermürben dich auch die ständigen Gedanken, die sich nur um das Essen drehen sowie die Beleidigungen deiner Essstörungsstimme. Aber auch, wenn du einige Probleme hast, fühlst du dich trotzdem gut.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich durch meine Essstörung keine auffälligen körperlichen Symptome und mir ging immer noch gut. Obwohl ich in kurzer Zeit viel Gewicht verloren hatte, rechtfertigte ich dies, dass andere Menschen viel mehr Gewicht verlieren als ich. Außerdem empfand ich mein BMI immer noch als hoch. Zwar wurde meine Essstörungsstimme immer lauter und stärker, aber zu diesem Zeitpunkt glaubte ich immer noch, dass ich alles unter Kontrolle hatte und zu einem „normalen“ Essverhalten zurückkehren konnte, wann immer ich wollte.
3. „Ich habe ein Problem, aber das ist mir egal"
Du weißt, dass du eine Essstörung hast und dass diese dein Leben bestimmt. Aber du willst nicht ohne deine Essstörung leben, denn sie erleichtert dir das Leben und dank deiner Essstörung fühlst du dich besser. Sie lenkt dich von anderen Problemen ab, gibt deinem Leben einen Sinn und vermittelt dir das Gefühl von Wert und Kontrolle. Du brauchst keine Hilfe, denn deine Essstörung ist immer da, um dir zu helfen. Du kannst deine Essstörung jederzeit heilen, aber du willst das gerade nicht.
Ich wusste damals, dass etwas so ganz und gar nicht stimmte, aber ich wollte mich nicht ändern. Ich wusste, dass ich nicht genug aß und dass meine Diät meinem Körper schadete – meine Periode blieb aus und ich fror die ganze Zeit.
Aber es funktionierte für mich, also war es mir egal. Ich war so stolz auf mich, dass ich genug Disziplin hatte, um meine strengen Diätvorschriften zu befolgen und meinen Willen und Körper zu kontrollieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich kein Interesse daran, gesund zu werden.
4. „Ich möchte mich ändern, aber ich weiß nicht wie und ich habe Angst"
Du bist dir nicht sicher, ob du so weitermachen willst. Du möchtest “normal” essen, aber du hast Angst, dass du wieder „dick“ wirst oder dass du nicht aufhören kannst, wenn du
dir einmal die Erlaubnis zum Essen gegeben hast. Die Essstörung zu heilen klingt gut, aber du weißt nicht, wie du dich ändern kannst und wo du anfangen sollst.
Die Magersucht hatte mein Leben voll im Griff und ich erreichte einen Punkt, an dem ich nicht mehr wusste, wie lange ich die permanente Stimme meiner Essstörung in meinem Kopf noch ertragen konnte. Ich fühlte mich so ausgelaugt, den ganzen Tag über das Essen nachzudenken und mich schuldig zu fühlen, wenn ich einmal gegessen hatte. Ich wollte mich wirklich ändern, aber andererseits wusste ich nicht, ob ich noch die Kraft hatte mich zu heilen.
5. „Ich habe versucht mich zu ändern, aber ich konnte nicht."
Du brauchst deine Essstörung, denn ohne sie weißt du nicht mehr, wer du bist. Die Essstörung macht dich zu etwas Besonderem und gibt dir Kontrolle über dein Leben. Ohne deine Essstörung würde nichts davon übrig bleiben. Du wärst dann nur eine unwürdige Person, die die Kontrolle verloren hat. Du bist schwach ohne deine Essstörung; sie ist so viel lauter und stärker, als du jemals sein wirst. Wenn du über eine Heilung nachdenkst, hat deine Essstörung eine ganze Reihe von Gründen, warum du nicht heilen kannst. Du kannst einfach nicht ohne deine Essstörung sein.
In dieser Phase hatte ich mir vorgenommen, meine strengen Essensregeln zu lockern und mehr zu essen, aber schon beim Essen eines kleinen Eises wurde mir schlecht und ich wollte die “vielen“ Kalorien so schnell wie möglich wieder loswerden. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich so hoffnungslos und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich mich jemals wirklich von meiner Essstörung erholen könnte. Ich akzeptierte sogar, dass ich für den Rest meines Lebens damit leben musste und ich sah keinen Sinn darin, weiter zu heilen.
6. „Ich kann einige Verhaltensweisen stoppen, aber nicht alle"
Du kannst einige deiner Essstörungsverhaltensweisen stoppen, aber es gibt immer noch einige Verhaltensweisen, die du nicht kontrollieren kannst. So kannst du beispielsweise deine Auswahl an Nahrungsmitteln vervielfältigen, aber du bist nicht in der Lage, mehr zu essen oder deinen übermäßigen Sport zu reduzieren.
Zu diesem Zeitpunkt war ich sehr motiviert, meine Essstörung zu heilen. Ich versuchte, immer mehr von meinen „verbotenen“ Nahrungsmitteln zu essen, meine Essensportionen zu vergrößern und öfter zu essen. Das alles lief sehr gut. Ich zählte jedoch immer noch Kalorien, wog mich mehrmals am Tag und konnte den Drang, nach dem Essen großer Portionen laufen zu gehen, nicht aufhalten.
7. „Ich kann das Verhalten stoppen, aber nicht meine Gedanken”
Vielleicht bist du ziemlich frustriert und vielleicht sogar deprimiert, denn du hast zwar dein Essstörungsverhalten eingestellt, aber deine Essstörungsgedanken sind immer noch ständig präsent. Du kannst nicht aufhören, die ganze Zeit über Essen, Kalorien und dein Gewicht nachzudenken. Und du hast immer noch Angst zuzunehmen. Es ist, als würden zwei verschiedene Personen in dir leben – dein logisches Ich und dein Essstörungs-Ich. Wenn Dinge schwierig und schmerzhaft werden, kehrst du zu deiner Essstörung zurück, weil du immer noch Gewicht verlieren möchtest.
Ich hörte auf, mich zu wiegen und meine Essverhalten normalisierte sich immer mehr, aber ich fühlte mich immer noch jedes Mal schuldig, wenn ich etwas gegessen hatte. Ich dachte immer noch, dass ich fett aussah, wenn ich mich auf Bildern oder im Spiegel sah. Ich überlegte, wie ich das Gewicht loswerden könnte, das ich in den letzten Wochen zugenommen hatte. Ich wusste, dass diese Art von Gedanken nicht sehr förderlich für meine Heilung waren, aber ich konnte diese Gedanken einfach nicht aufhalten. Es war, als hätten sie ein Eigenleben.
8. „Ich bin meistens frei von meinem Essstörungsverhalten und den Gedanken, aber nicht immer"
Diese Heilungsphase kann etwas schwierig und langwierig sein. Du fühlst dich die meiste Zeit gut und du genießt das Essen immer mehr. Aber unter Stress kehrst du zu deinem Essstörungsverhalten zurück.
Ich erinnere mich an eine Zeit, als ich eine Jeans anprobierte und sie nicht mehr so locker saß wie zwei Wochen zuvor. Diese Erfahrung löste meine Essstörungsgedanken aus, sodass ich mich plötzlich wieder aufgedunsen und fett fühlte; Ich wollte so schnell wie möglich das zugenommene Gewicht der letzten Wochen wieder loswerden. Dieses Fett- Gefühl dauerte zum Glück nicht sehr lange an.
9. „Ich bin frei von meinem Essstörungsverhalten und den Gedanken”
Du fühlst dich meistens gut in deinem Körper. Natürlich hast du manchmal schlechte Tage, aber du hast die Kraft und auch die Mittel, um deine Essstörung weiter zu heilen. Du kannst ein Restaurant besuchen oder zu Familientreffen gehen, ohne dir Sorgen um das Essen machen zu müssen oder dich danach schuldig und ängstlich zu fühlen. Du kannst in den Spiegel schauen oder Bilder von dir ansehen und dich dabei wohlfühlen. Du übernimmst wieder die Kontrolle über dein Leben.
Irgendwann, nachdem ich mein Essstörungsverhalten eingestellt hatte, stellte ich fest, dass ich keine negativen Gedanken in Bezug auf das Essen oder meinen Körper mehr hatte. Ich hatte nicht mehr den Drang, Kalorien zu zählen oder mich selbst zu wiegen. Ich fühlte mich gut in meinem Körper und aß ohne Angst- und Schuldgefühle.
10. „Ich bin geheilt"
Es ist eine lange Zeit vergangen, ohne dass du irgendwelche Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen in Bezug auf deine Essstörung hattest. Du bist geheilt! Du kannst dich so akzeptieren und lieben, wie du bist. Dein Körper ist dein Freund und kein Feind mehr. Du hast Frieden mit dir und dem Essen geschlossen.
Ich bin nun seit einigen Jahren vollständig von meiner Essstörung geheilt und es fühlt sich großartig an. Ich kann meine natürliche Figur und mein natürliches Körpergewicht akzeptieren. Ich genieße meine Essen und esse wieder richtig gerne, ohne an Kalorien zu denken oder mir Sorgen zu machen, dass ich zu viel esse. Ich kann in einen Spiegel schauen und mich selbst anlächeln und positive Dinge über meinen Körper sagen. Meine Essstörung gehört meiner Vergangenheit an.
In welchem Stadium der Heilung du dich auch immer befindest, mache dir keine Vorwürfe. Fange mit der Heilung dort an, wo du gerade bist. Es ist nie zu spät, deine Essstörung zu heilen. Deine Zukunft liegt in deinen Händen. Der entscheidende Punkt ist, dass du bereit bist, dich zu ändern; niemand sonst kann dies für dich tun.
Du musst nicht alleine den Weg aus deiner Essstörung oder deinem Körperhass bestreiten.
Schreib mir und wir können gemeinsam herausfinden, wie ich dir helfen kann.
Die Heilung deiner Essstörung und die Überwindung deines Körperhasses ist möglich – Ich habe es geschafft, andere haben es geschafft und so kannst du es auch schaffen!
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